Warum klingt Chormusik so gut?

Ich habe mich sehr über dieses Video von Barnaby Martin gefreut. Es ist eine wunderbare Einführung in die Grundlagen meiner →Chorphonetik. In diesem Video zeigt er, warum die Formanten für die Intonation so wichtig sind.

Chorphonetik nutzt unsere verborgene Fähigkeit, Resonanzen im Vokaltrakt als Tonhöhen wahrzunehmen (→Hörtest). Und sie schult eine spezielle Feinmotorik der Zunge, um diese Resonanzen gezielt zu kontrollieren und die Klangfarbe an Akkorde anzupassen. Dieses Know-how versetzt Sänger in die Lage, Resonanzen genauso exakt zu stimmen wie ihre Gesangstöne. Damit wird die Klangfarbe zum Musikinstrument. Chorklänge, wie sie im Video zu hören sind, werden steuerbar.

Wofür sonst Chorsänger viele Jahre Erfahrung und Stimmtraining brauchen, kann mit dem Wissen von Chorphonetik sehr viel schneller erreicht werden. Chorsänger/innen und Chorleiter erlernen die dazu nötigen gesangstechnischen Methoden üblicherweise schon in wenigen Tagen und können sie innerhalb eines halben Jahres zu einem abrufbaren Skill Set entwickeln. Das veredelt dann nicht nur die Intonation und Homogenität im Ensemble, sondern auch die Tragfähigkeit und Leichtigkeit der Stimme.

Barnaby Martin hat ein großartiges Talent, komplexe musikalische Phänomene einfach und kurzweilig zu erklären. Abboniert unbedingt seinen YouTube-Kanal „Listening In“, da gibt es eine Menge erstklassiger Videos zur Wirkung musikalischer Klänge. Unter anderem empfehle  sein Video über die völlig verrückten Intonationsbewegungen, die Jacob Collier in seinen Chorstücken verwendet. Leute, Chorphonetik wird langsam Mainstream :)!

Radio Feature: Zwischen zwei Tönen – Die Kunst des Obertonsingens

Obertöne muss man zuerst hören lernen. Mit dieser Sendung gelingt das. Wer es lernt, der wird seine gesamten Hörgewohnheiten verändern. Denn es eröffnen sich ganz neue Einsichten in das Wesen von Klängen und Wirklichkeiten.

Radio Feature von: Tanja Gronde. Sendung vom 09.05.2020 auf BR Bayern 2 und BR Heimat.

Mehr zur Sendung [BR Bayern2 und BR Heimat].

Jetzt kostenlos: Der Film „Raum • Klang • Stimme“ von Minghao Xu

Der Film von Minghao Xu von 2009 bringt uns das Mysterium der Obertöne nah, das umso seltsamer zu werden scheint, je tiefer man sich damit befasst. Der Film beleuchtet das Phänomen aus der Sicht einiger der größten Experten auf dem Gebiet des Obertongesangs mit einigen spannenden und gut recherchierten wissenschaftlichen und philosophischen Hintergründen. Diese Filmdokumentation porträtiert sieben internationale Musiker und erzählt die Geschichte der persönlichen Faszination des Regisseurs für den ‚Obertongesang‘ und die fraktale Geometrie des Klangs. Eine erstaunliche Reise in eine geheimnisvolle Klangwelt.

Mit

  • David Hykes
  • Wolfgang Saus
  • Christian Bollmann
  • Danny Wetzels
  • Hosoo & Transmongolia
  • Jill Purce
  • Mark van Tongeren

Regie und Produktion: Minghao Xu
2009 Traumzeit-Verlag, David Lindner

Die DVD des Films mit einigen Extras auf Deutsch/Englisch kannst Du hier günstig erwerben.

Minghao Xu über seinen Film (Zitat aus facebook):

My first production – a documentary about overtone singing – was published in 2010. Now after 10 years I am making it available for free on YouTube.

A big Thank You to Danny Wetzels who introduced me to overtone singing, who was and is a musical inspiration and a friend to me throughout the years.

Big Thank You to Wolfgang Saus who has a deep understanding of the human voice, who is brilliant in teaching how to hear and sing overtones and who supported me massively in creating this documentary.

Thank You to David Hykes who touched me as a singer as much as an inspirational being.

Thank You to Christian Bollmann, Hosoo Dangaa Khosbayar, Jill Purce and Mark van Tongeren – without your presence, knowledge, voice and contribution this project couldn’t have manifested. And Thank You to David Lindner for your help to publish this project through the Traumzeit Verlag.

 

 

Obertongesang lernen mit Timber Hemprich: 1. Basisübung

Timber Hemprich, Absolvent meiner Obertongesangsausbildung, zeigt hier schön systematisch eine der grundlegenden Einstiegsübungen für den westlichen polyphonen Obertongesang.

Mit dieser Übung gewöhnen sich Ohr und Zunge an die Entschleunigung der Bewegungen bei Vokalübergängen. Und das Gehör erhält einen ersten Eindruck von den Obertönen der eigenen Stimme.

Falls Du anfangs Probleme hast, Deine eigenen Obertöne zu hören, dann mach dieses 5-Minuten-Gehörtraining. Das hilft Dir, die für das Obertonhören wichtigen Gehirnareale zu aktivieren.

Timber Hemprich’s Website: timber-seminare.de

Domglocken zu Aachen, volles Geläut

Das volle Geläut des Aachener Doms, aufgenommen Heiligabend um Mitternacht.
Schön im Spektrogramm zu sehen, wie sich manche Töne erst nach dem Schlag entwickeln. Und nicht immer sind die lautesten auch die wahrgenommenen.

Marienglocke: Schlagton g+8, 2075 mm Durchmesser und 5.800 kg.
Karlsglocke: Schlagton h+7, 1628 mm Durchmesser und 2700 kg.
Joh. Evangelist: Schlagton d’+8, 1367 mm Durchmesser und 1650 kg.
Joh. Baptist: Schlagton e’+7, 1367 mm Durchmesser und 1150 kg.
Leopardusglocke: Schlagton fis’+3, 1078 mm Durchmesser und 800 kg.
Stephanusglocke: Schlagton g’+8, 1027 mm Durchmesser und 700 kg.
Petrusglocke: Schlagton a’+1, 894 mm Durchmesser und 450 kg.
Simeonsglocke: Schlagton h’+8, 793 mm Durchmesser und 300 kg.

Das Glockenmotiv bildet der lateinische Hymnus Veni creator spiritus. Die Marienglocke wurde übrigens von den Nazis eingeschmolzen und 1958 neu gegossen.

Nach vielen Jahren hatte es 2017 endlich geklappt, eine weitgehend störungsfreie Aufnahme zu machen. Ich habe sie vom Katschhof zwischen Dom und Rathaus aus aufgenommen und diesmal mit windgeschützten Hypernierenmikros auf einem hohen Ständer hinter zwei einsamen Weihnachtsmarkbuden aufgenommen und eine Stunde vorher alle Sicherheitsleute (die die leeren Weihnachtsmarktbuden bewachen) aufgesucht, die Aufnahme besprochen und – wichtig! – ihnen einen Platz gezeigt, von dem aus sie mich beobachten können, ohne die Aufnahme allzusehr zu stören.

Jahrelang hat es immer Störungen gegeben. Leider auch bei der akustisch schönsten 3D Aufnahmen mit OKM Originalkopfmikrofonen 2014. Mal hat’s gestürmt, mal geregnet, mal fuhr die Polizei über den Katschhof, mal pustete ein Gebläse in eine Plastikprinte, oder Sicherheitsleute stellten Fragen, oder jemand stakte lautstark mit Stöckelschuhen in die Dom-Mette. 2017 haben Hypernierenmikrofone mit Windschutz die Platzgeräusche und den Wind weitgehend ausgeblendet.

2018 bin ich aus Aachen weggezogen und bin froh, diese Aufnahme im Kasten zu haben. Sie gibt Heimatgefühle. Der Dom ist für mich das nachhaltig Beeindruckendste in Aachen.

Software: Overtone Analyzer/VoceVista Video

Stille Nacht mit Obertongesang

„Stille Nacht, heilige Nacht“, das weltweit bekannteste Weihnachtslied wurde am 24.12.1818, vor genau 200 Jahren, zum ersten Mal gesungen. Zu Heiligabend 1818 führten der Arnsdorfer Dorfschullehrer und Organist Franz Xaver Gruber (1787–1863) und der Hilfspfarrer Joseph Mohr (1792–1848) in der Schifferkirche St. Nikola in Oberndorf bei Salzburg das Weihnachtslied erstmals auf. (Wikipedia)

Für die vorliegende Fassung für Obertongesang hat der geniale Pianist Michael Reimann einen Klaviersatz auf dem E-Piano improvisiert. Die Noten für Obertongesang sind für Anfänger geeignet. Allerdings wird an einer Stelle ein kleiner psychoakustischer Trick verwendet, denn einer der Melodietöne ist eigentlich nicht in der Obertonreihe enthalten. Wer findet sie?

Michael Reimann: https://www.michaelreimann.de/
Video: Weihnachtsmarkt Ljubljana von der Burg aus gefilmt.

BBC Dokumentation über Wolfgang Saus‘ Obertöne in der MRT Röhre


Zurzeit könnt Ihr in der ZDF-Mediathek die BBC-Dokumentation in deutscher Fassung z. B. mit Mediathekview herunterladen: 4. Episode, Wunder der Anatomie – Krankenakte X – Grenzfälle der Wissenschaft.
Hinweis: Video und Link funktionieren nur in Deutschland.


Die Chirurgin Gabriel Weston hat viele Jahre damit verbracht, die Funktionsweise des menschlichen Körpers zu studieren. In der Reihe «Incredible Medicine: Dr Weston’s Casebook» (trailer video) stellt sie Menschen aus der ganzen Welt mit den ungewöhnlichsten Körpern und Fähigkeiten vor.

Auch die einzigartige Körperkontrolle, die das Obertonsingen erfordert, wird beleuchtet (ab 10:40 Min.). Im November 2016 drehte ein Filmteam der BBC Science Production, Emma Hatherley (Produktion, Regie) und Alexis Smith (Kamera), im Institut für Musikermedizin der Uniklinik Freiburg mit Prof. Bernhard Richter und Wolfgang Saus.

Live-Bilder aus dem Kernspintomografen zeigen die komplexen Bewegungsabläufe im Mund- und Rachenraum, die beim Obertongesang stattfinden. In Interviews wird der wissenschaftliche Hintergrund des Phänomens erklärt.

Bilder vom Making-of

Links

→BBC Website

Lachende Frau hält die Ohren zu

Hörst du die Melodie? – Mach den Hörtest

Dieser Hörtest öffnet Deine Ohren in nur nur 3:20 Minuten für eine neue Hördimension, die nur ca. 5% der Musiker wahrnehmen: das Obertonhören. Diese Fähigkeit ist essentiell für das Erlernen von Obertongesang. Und es ist Voraussetzung für die praktische Umsetzung von Gesangs- und Chorphonetik.


Neue Videos

Die Wissenschaft hinter der versteckten Melodie: Akustik und überraschende Zusammenhänge

Gehörst du zu den 5% Auserwählten, die die Melodie hören?

Wie Obertöne dein Gehirn harmonisieren


2004 fand eine Arbeitsgruppe um Dr. Peter Schneider an der Uniklinik Heidelberg, dass Menschen Klänge unterschiedlich wahrnehmen, je nachdem welche Gehirnhälfte die Verarbeitung des Klangs übernimmt. Sie entwickelten den Heidelberger Hörtest, um herauszufinden, ob jemand eher Grundtöne oder eher Obertöne in einem Klang wahrnimmt. →Hier kannst Du den Heidelberger Test machen 

Mein Hörtest ist anders. Er testet, ob jemand eher Vokale oder eher Obertöne in einem Klang erkennt. Im zweiten Teil schult er, die Schwelle zwischen Vokal- und Obertonwahrnehmung zugunsten der Obertöne zu verschieben.

→Video über die Hintergründe.

Saus’scher Hörtest

Höre Dir entspannt das erste Tonbeispiel an. Ich singe eine Folge sinnloser Silben auf einen einzigen Ton. Wenn Du darin eine bekannte Melodie aus der Klassik erkennst, dann herzlichen Glückwunsch, Du hast ein ausgeprägtes Obertongehör und gehörst zu den 5% Menschen, die diese Wahrnehmung spontan haben.

Tonbeispiel 1

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Falls Du die Melodie nicht hörst, keine Sorge. Am Ende des Hörtests wirst Du die Obertöne hören.

In den nächsten Tonbeispielen entziehe ich der Stimme mehr und mehr Klanginformationen, die vom Gehirn als Bestandteil von Sprache interpretiert werden. Als nächstes singe ich die Silben,  indem ich nur noch den 2. Vokalformanten verändere. Den ersten halte ich unbewegt in tiefer Lage. Die Silben enthalten dann nur noch Ü-Laute, die Melodie wird für einige jetzt deutlicher.

Tonbeispiel 2

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Wenn die Melodie jetzt klar wird, Glückwunsch. Hier hören 20-30% die Melodie. Vielleicht ahnst Du die Melodie aber nur und weißt nicht, ob Du sie Dir nur einbildest. Vertraue der Einbildung. Denn Dein Gehör nimmt die Melodie auf, nur ein Filter in Deinem Bewußtsein sagt, dass die Information nicht wichtig ist. Spracherkennung ist viel wichtiger.

Ich will an dieser Stelle die Melodie preisgeben: Es handelt sich um „Freude schöner Götterfunken“ aus der 9. Symphonie von Ludwig van Beethoven. Im Nächsten Tonbeispiel pfeife ich sie tonlos. Dann lernt Dein Gehirn besser, worauf es hören soll. Höre Dir danach nochmal Tonbeispiel 2 an.

Tonbeispiel 3

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Geht es besser? Falls nicht, höre Dir das nächste Beispiel an.

Im Tonbeispiel 4 lasse ich die Konsonanten weg. Jetzt hat das Broca-Zentrum, die Gehirnregion für Spracheerkennung, nichts mehr zu tun und gibt die Höraufmerksamkeit an andere Regionen ab.

Tonbeispiel 4

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Jetzt sind etwa 60-80% dabei. Wenn Du die Melodie hier nicht hörst, bist Du wahrscheinlich auch im Heidelberger Hörtest als Grundtonhörer eingestuft. Das hat nichts mit Musikalität zu tun. Du bist in Gesellschaft einiger der besten Flötisten, Schagzeuger und Pianisten.

Im nächsten Beispiel verfremde ich den Klang vollständig. Ich senke mit spezieller Zungenstellung den dritten Formanten um 2 Oktaven ab, bis er dieselbe Frequenz hat, wie der zweite. Dadurch bildet sich eine Doppelresonanz, die in der deutschen Sprache nicht vorkommt.

Tonbeispiel 5

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Die Technik nennt man Obertongesang. Dem Gehör fehlen jetzt Informationen aus dem gewohnten Stimmklang, und einzelne Teiltöne werden durch die Doppelresonanz so laut, dass das Gehirn die Klänge trennt und dem Bewußtsein mitteilt, es handle sich um zwei Töne.

Wahrscheinlich hörst Du jetzt eine flötenartige Melodie und die Stimme. Obertongesang ist eine akustische Täuschung. Denn in Wahrheit hörst Du mehr als 70 Teiltöne. Die physikalische Realität und die Wahrnehmung stimmen selten überein.

Im letzten Tonbeispiel gehe ich den gesamten Weg rückwärts bis zum Anfang. Versuche, den Fokus die gesamte Zeit auf der Melodie zu lassen. Höre Dir das Tonbeispiel 6 ruhig öfter an, es trainiert das Obertonhören und macht Dich in der Wahrnehmung der Klangdetails sicherer.

Tonbeispiel 6

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Unsere Realität entsteht in uns selber. Und sie ist veränderbar.

 

Deine Ohren haben Superkräfte – überzeuge Dich selbst

Du besitzt bereits Superkräft in Deinem Ohr, von denen Du nichts weisst. Steve Mould zeigt Dir in diesem Video, dass Du ohne zu üben hören kannst, ob Wasser kalt oder warm ist. Teste selbst.

Der Grund ist, dass Du bereits unterbewußt mit dem Geräusch einfließenden Wassers vertraut bist und die Information abgespeichert hast. Sie wird automatisch abgerufen, wenn Du den Vorgang nur hörst aber nicht siehst.

Heisses Wasser hat eine geringere Viskosität als kaltes. Das Blubbergeräusch in warmem Wasser ist aufgrund der geringeren Viskosität im Durchschnitt etwas höher. Unsere feinen Hörsensoren bekommen diesen Unterschied deutlich mit.

Mehr dazu findest Du hier:

http://www.sciencealert.com/your-ears-can-actually-tell-the-difference-between-hot-and-cold-running-water

https://www.thenakedscientists.com/articles/questions/why-does-hot-water-sound-different-cold-water-when-poured