Pasibutbut der Bunun
… eine revolutionäre Art zu singen… ein weltweit beispielloses und unglaubliches Phänomen in der Volksmusik.
Dr. Lu Chuan
Pasibutbut – Die Klangkunst der Bunun zwischen Ritual und Resonanz
In der faszinierenden Klangwelt der sogenannten →Klangfarbenobertöne, einem von mir geprägten Begriff an der Schwelle zum Obertongesang, nimmt Pasibutbut eine besondere Stellung ein. Was zunächst wie ein vielstimmiger Chor wirkt, entpuppt sich bei genauem Hinhören als ein raffiniertes Spiel mit Obertonresonanzen. Die Stimmen verschmelzen nicht nur harmonisch – sie interagieren in ihren Obertönen so feinfühlig, dass daraus ein schwebendes Akkordgeflecht entsteht. Besonders spannend: Die Ähnlichkeit zu freien westlichen Obertongesangs-Improvisationen ist frappierend – als hätten sich Klangtraditionen über Zeit und Raum hinweg gegenseitig berührt.
Der Ursprung von Pasibutbut liegt bei den Bunun, einem indigenen Volk Taiwans, das traditionell für seine präzisen Jagdtechniken geschätzt wurde. Doch weltweit Berühmtheit erlangten sie nicht durch Pfeil und Bogen, sondern durch ihre achtstimmigen Gesänge – meisterhaft dokumentiert 1943 vom japanischen Musikethnologen Takatomo Kurosawa in beeindruckenden Feldaufnahmen.
Der Gesang Pasibutbut, auch als Prayer for the Millet Harvest bekannt, war ursprünglich Teil eines streng rituellen Erntegebets. Der Name bedeutet sinngemäß „ziehen und zerren“ – ein Hinweis auf die klangliche Struktur, bei der die Stimmen wie Spannfäden ineinandergreifen. Nur wenige Auserwählte durften dieses Ritual einst ausführen: rein, gesund, gesegnet, sexuell enthaltsam – und frei von kürzlichen Todesfällen in der Familie.
Heute ist Pasibutbut zunehmend auf Bühnen und bei touristischen Vorführungen zu hören – oft adaptiert, nicht immer von den Bunun selbst gesungen. Was bleibt, ist ein eindrucksvolles akustisches Zeugnis einer Kultur, die mit Klang Räume öffnet – rituell, spirituell, musikalisch.
Vllt. ist der aufsteigende Grundton auch eine Verstärkung des ‚Ziehen und Zerrens‘
für Posibutbut.
Hallo Wolfgang,
ich klicke mich gerade auf deiner genialen interaktiven Karte
durch die Welt.Beim Posibutbut ist schön zu sehen wie
das ‚Schunkeln‘ verbindet. Mir scheint die Sänger gehen kontinuierlich
mit dem Grundton nach oben, sodaß vom ersten bis zum letzten Ton
fast eine Oktave Unterschied ist. Weißt Du ob das Absicht ist?
Ich habe selbst schon öfter festgestellt,
dass der Grundton beim Singen in Voklaltechnik eher in feinsten Nuacen nach oben wandert, als nach unten. Hängt das mit der Konzentration auf die ja höherliegenden Obertöne zusammen?