Die Oberton­reihe

Die Tonleiter der Natur

Definition

Die Obertonreihe ist der Akkord von Teiltönen, die beim Erklingen eines natürlichen Tons gleichzeitig schwingen.

Die Obertonreihe ist die Grundlage aller Tonsysteme, denn sie ist die einzige natürliche Tonleiter. Sobald ein Ton erklingt, schwingen Obertöne mit. Sie klingen alle gleichzeitig. Die Obertonreihe also eigentlich ein Akkord. Der Aufbau ist immer gleich und entspricht einer mathematischen harmonischen Reihe, daher der Name Reihe. Man hört die Obertöne normalerweise nicht. Weil sie als Akkord alle gleichzeitig schwingen, erscheinen sie uns wie ein einziger Ton.

Mit dem Begriff Obertonreihe sind die harmonischen Teiltöne gemeint (zum Unterschied von Oberton, Teilton und Harmonische s. u.). Es gibt auch Klänge mit unharmonischen Obertönen. Je mehr unharmonische Obertöne ein Schall enthält, desto mehr bekommt er Geräuschcharakter.

Obertonreihe von A (110 Hz)

Obertonreihe von A (110 Hz).

Alle Klänge bestehen aus Obertonakkorden. Nur Sinustöne haben keine Obertöne. Ein Klang unterscheidet sich vom anderen hauptsächlich durch die Lautstärken der einzelnen Obertöne (daneben noch durch Geräuschanteile und zeitliche Klangänderungen). Die Obertonreihe ist nicht nur Basis für Musik, durch sie können wir sprechen und singen, Menschen an der Stimme erkennen, können Klänge orten und ein Klavier von einer Flöte unterscheiden.

Diese Tonleiter stammt nicht vom Menschen, sondern entsteht unmittelbar aus den Schwingungsgesetzen. Sie folgt einem universellen Wellenprinzip des Universums und macht es für uns hör- und erlebbar. Die Töne weichen von unserem gewohnten gleichstufig temperierten Tonsystem ab. Dennoch ist das gleichstufig temperierte System, wie auch alle anderen Tonsysteme, von der Obertonreihe abgeleitet.

Der Grund ist, dass wir Tonfolgen innerlich zu kleinen Akkorden zusammenbauen und diese dann unbewußt mit der Obertonreihe vergleichen. Weil wir Übereinstimmungen mit der Obertonreihe lieben, erfanden wir Tonsysteme, die auf natürlichen Intervallen aufbauen. Die Kulturen haben aber nicht immer dieselben Intervalle als schön empfunden. Daher gibt es über 3000 verschiedene Tonsysteme in der Welt.

Unser westliches System mit 12 Halbtönen pro Oktave beruht beispielsweise auf einer Idee aus der griechischen Antike, das Intervall zwischen der zweiten und dritten Harmonischen – die Quinte – als Grundlage zu nehmen, und es dann zwölfmal übereinander zu schichten.

Obertonreihe Hörbeispiel

Im folgenden Video kannst du die Obertonreihe von a (220 Hz) sehen und hören. Das Video wurde von Bodo Maass mit unserer Software Overtone Analyzer aufgenommen.

Obertonreihe anhören

Oberton-Akkord

Beim Singen und in Instrumenten klingen alle Teiltöne der Obertonreihe gleichzeitig. Unser Gehirn fasst diese Teiltonbündel jeweils zu einem einzigen Klang zusammen und ordnet sie einer Schallquelle zu. Der Frequenzabstand zwischen den Teiltönen wird als Tonhöhe wahrgenommen, die Lautstärkeverteilung der Obertöne als Klangfarbe. Den meisten Sängern ist nicht bewusst, dass sie eigentlich immer ganze Akkorde von Teiltönen singen. Unser Gehirn hat ein archaisches Wissen über diesen Akkord. Es kann offenbar schon vor der Geburt Teiltonakkorde als Klänge einer Schallquelle erkennen, z. B. die Mutterstimme.

Obertonreihe von c als Akkord, mit Spektrum und Spektrogramm

Beim Singen des Tons c klingt die gesamte Obertonreihe als Akkord mit. (Overtone Analyzer screenshot).

Klangfarbe

Ein solcher Akkord von Teiltönen klingt wie ein einziger Ton, der aber eine Klangfarbe hat. Während ein Ton ohne Obertöne farblos ist. Ein Ton mit Obertönen wird in der Physik als Klang bezeichnet. Musiker und Physiker meinen mit diesem Wort also unter Umständen etwas Verschiedenes!

Unterschiedliche Klangfarben entstehen durch unterschiedliche Lautstärken der Obertöne (neben Geräuschanteilen und Einschwingverhalten). Der persönliche Stimmklang eines Menschen entsteht also durch eine für jeden Menschen typische Lautstärkeverteilung der Obertöne. Singen zwei Menschen denselben Ton, dann unterscheiden sie sich nur in den Obertonlautstärken. Wenn man die Obertöne einzeln filtert, erkennt man die Personen nicht mehr. Die Lautstärkeverteilung enthält unzählige Informationen: Vokale, Identifikation der Person, physisches und psychisches Befinden, Alter usw.

Spektrum des Singtons c auf den Vokal ä.

Spektrum eines gesungenen c mit seinen Obertönen und der typischen Lautstärkeverteilung für den Vokal ä. (Overtone Analyzer screenshot).

Mithilfe von Klangspektren und Spektrogrammen kann man den Zusammenhang visualisieren. Klanganalyseprogramme zerlegen den Klang in seine Einzelfrequenzen und stellen die Lautstärken farbig dar. Der von Bodo Maass und mir entwickelte Overtone Analyzer ist darauf spezialisiert, Musikern Klang-Zusammenhänge leicht verständlich aufzubereiten.

Das Klangspektrum (Frequenzspektrum) ist eine Möglichkeit, den Klang optisch darzustellen. Das Spektrum zeigt die Lautstärkeverteilung der Obertöne beim gesungenen Vokal ä. Jede Spitze entspricht einem Oberton, je weiter rechts die Spitze, desto lauter ist der Oberton. Ganz unten ist der Grundton. Nach oben erhöht sich die Frequenz, also die Tonhöhe, nach rechts die Lautstärke. (Overtone Analyzer screenshot)

Das Spektrogramm (auch Sonagramm genannt) ist eine weitere Darstellungsform für Klänge. Die Lautstärke wird hier in Farben gezeigt, im Beispiel je roter, desto lauter. Jede Querlinie entspricht einem Oberton. Ganz unten ist der Grundton. Nach oben erhöht sich die Frequenz, also die Tonhöhe, von links nach rechts läuft die Zeit. (Overtone Analyzer screenshot)

Obertonreihe – Intervalle

Die Intervallfolge der Obertonreihe ist immer gleich. Die Intervalle sind nur von der Position in der Reihe abhängig. Z. B. ist das Intervall vom 2. zum 3. Teilton immer eine Quinte. Egal mit welchem Ton man beginnt, ergibt sich daher immer die gleiche Melodie vom jeweiligen Grundton aus. Nach oben werden die Intervalle immer enger (während der Frequenzabstand aber gleich bleibt, siehe unten). Alle benachbarten Intervalle sind einzigartig und kommen in der Reihe nur genau einmal vor. Jedes Intervall wiederholt sich, nachdem es einmal vorgekommen ist, in den Oktaven darüber mit neuen Zwischentönen.

Der Obertonschieber (Bild) zeigt die Intervalle von Teilton zu Teilton und von Teilton zum Grundton. Er stellt sozusagen die Klaviertasten des Obertongesangs dar. Auf einem Sington kann man nur Intervalle singen, die im Schieber vorkommen; meist sogar nur einen Teil davon (vgl. Ambitus von Obertongesang). Das Intervall zum Grundton bestimmt den harmonischen Zusammenhang. Z. B. wird der 5. Teilton als Durterz empfunden. Will man einen Quartsprung in einer Obertonmelodie singen, dann findet man sie zwischen dem 3. und 4. Teilton und wählt den Grundton entsprechend.

Teiltonskala - Intervalle der Obertonreihe

Intervalle der Obertonreihe – der Obertonschieber.

Obertonreihe – Frequenzverhältnisse

Die Frequenzen der Teiltöne sind ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz. Diesen mathematischen Zusammenhang nennt man eine „harmonische Reihe“.

Das bedeutet, der Frequenzabstand zwischen zwei Teiltönen ist immer identisch mit der Grundfrequenz.

Die Frequenzen lassen sich also sehr einfach berechnen und schön übersichtlich darstellen. Komplizierter ist die Berechnung des Intervalls aus den Frequenzen. Während die Frequenz eines beliebigen Teiltons schnell im Kopf berechnet ist, lernt man die Intervalle besser auswendig (ausser, man kann Logarithmen im Kopf rechnen…).

Beispiel 1

Frequenzen der Teiltöne von A (110 Hz) berechnen:

1. Teilton – 1-fache Frequenz = 110 Hz
2. Teilton – 2-fache Frequenz = 220 Hz,
3. Teilton – 3-fache Frequenz = 330 Hz,

11. Teilton – 11-fache Frequenz = 1210 Hz usw.

Alle Teiltöne von A haben also denselben Frequenzabstand von 110 Hz.

Beispiel 2

Der Abstand der Teiltöne des Grundtons c (130,8 Hz) wären dann – man ahnt es – 130,8 Hz. Also immer identisch mit der Grundfrequenz.

Frequenzen der Teiltöne von c (130,8 Hz) berechnen:

1. Teilton – 1-fache Frequenz = 130,8 Hz
2. Teilton – 2-fache Frequenz = 261,6 Hz,
3. Teilton – 3-fache Frequenz = 392,4 Hz,

11. Teilton – 11-fache Frequenz = 1.439 Hz usw.

Alle Teiltöne von c haben also denselben Frequenzabstand von 130,8 Hz.

Musiker und Physiker

Du kannst die Frequenzen der Obertonreihe linear oder logarithmisch darstellen. Musiker bevorzugen die logarithmische Darstellung, weil die Intervallabstände so aussehen, wie wir sie hören. Physiker stellen die Frequenzen oft linear dar. Den Unterschied veranschaulichen die folgenden Grafiken.

1. Logarithmische Frequenzdarstellung für Musiker: In der musikalischen Darstellung sind die Intervalle wichtig. Sie werden deshalb so dargestellt, wie wir sie hören. Musiker brauchen nur selten Frequenzangaben, hauptsächlich zum Stimmen.
Vorteile dieser Darstellung: Musiker verstehen die sie intuitiv, die Intervallabstände entsprechen unserem Hören. (Overtone Analyzer screenshot)

Obertonreihe musikalisch - logarithmische Frequenzen.

2. Lineare Frequenzdarstellung für Physiker: In der physikalischen Darstellung werden die Frequenzen so gezeigt, dass Frequenzabstände sofort erkennbar sind.
Vorteil linearen Darstellung: Es ist leichter damit zu rechnen. Man sieht auf einen Blick, dass alle Teiltöne denselben Frequenzabstand haben, nämlich den der Grundttonfrequenz. (Overtone Analyzer screenshot)

Obertonreihe - lineare Frequenzdarstellung.

Frequenzen in Töne umrechnen

Unser Ohr hört Intervalle als Frequenzverhältnisse. Eine Vervielfachung mit der gleichen Zahl wird als gleiches Intervall gehört.

Beispiel: 100 und 200 Hz haben einen Frequenzabstand von 100 Hz. 200 Hz ist die 2-fache Frequenz von 100 Hz, das Frequenzverhältnis ist 2:1. Eine Verdopplung (oder Halbierung) einer Frequenz wird als Oktave gehört. Zwischen 200 und 300 Hz liegen wieder 100 Hz Abstand. Aber 300 Hz sind das 3/2-fache von 200 Hz. Diese 100 Hz Abstand werden als Quinte gehört. Wir hören also nicht gleiche Abstände, sondern gleiche Verhältnisse als gleiches Intervall. 2:1 und 1:2 sind Oktaven. 2:3 und 3:2 entspricht der Quinte. 4:5, 5:4 sind große Terzen usw. Die zugehörigen Intervalle zu den Verhältnissen findest Du im Abschnitt Obertonreihe – Intervalle.

Die Umrechnung von Abstand in Verhältnisse erledigt der Logarithmus. Hier ist die Formel, mit der man Frequenzabstände in Intervalle umrechnet.

Formel zur Umrechnung von Frequenzabstand in Intervall in Cent

a = erste Frequenz

b = zweite Frequenz

Das Ergebnis dieser Formel sind Centwerte, das sind 1/100 Halbtöne. 100 Cent ist genau ein (gleichstufig temperierter) Halbton. 1200 Cent sind 12 Halbtöne, also eine Oktave. 700 Cent sind 7 Halbtöne, also eine Quinte.

Weichen Werte von glatten 100ern ab, z. B. 702 c, dann bedeutet das, ein Ton weicht um diesen Centbetrag von der auf dem Klavier üblichen gleichstufigen Stimmung ab. 702 c, die natürliche (reine) Quinte aus der Obertonreihe, ist also 2 Cent, 2 hunderstel Halbton größer als auf dem Klavier. Die Töne der Obertonreihe weichen, bis auf die Oktaven, alle von der gleichstufigen Stimmung ab.

Obertöne vs. Teiltöne

http://de.wikipedia.org/wiki/Schlagton

Obertöne werden auf zwei verschiedene Arten nummeriert. Das kommt daher, dass manche den Grundton mitzählen, andere nicht. Eigentlich sind Obertöne nur die Töne über dem Grundton. Da die Nummerierung vom Grundton aus aber Vorteile hat, sollte man dann besser von Teiltönen sprechen, da der Grundton auch als Teilton des Klangs betrachtet wird.

Ich bevorzuge die Teiltonnummerierung (bzw. die Harmonischen, s. u.).

  1. Teiltonnummeren haben den Vorteil, dass sich aus der Ziffer unmittelbar das Frequenzverhältnis ergibt. Der 14. Teilton hat die 14-fache Frequenz des Grundtons, Teilton 23 die 23-fache usw.
  2. Auch die Frequenzverhältnisse der Intervalle ergeben sich unmittelbar aus den Teiltonnummern. Beispiel: Der 3. Teilton ist die Quinte in der 2. Oktave. Sie hat die 3-fache Frequenz des Grundtons. Der 2. Teilton ist die Oktave zum Grundton. Die beiden benachbarten Teiltöne 2 und 3 haben das Frequenzverhältnis 2:3 (aufwärts betrachtet) oder 3:2 (abwärts betrachtet) und klingen als Quinte. Deren Verdopplungungen sind wieder Quinten. So bilden also die Teiltonpaare 4/6, 8/12 usw. jeweils ebenfalls Quinten mit demselben Frequenzverhältnis (da man die Brüche auf 2/3 kürzen kann).

In der Abbildung sieht man, dass die Oktaven bei der Teiltonnummerierung immer gerade Zahlen sind, während sie bei der Obertonnummerierung ungerade sind. Das kann für Musiker Bedeutung haben: Die Klarinette kann z. B. durch Überblasen nur die ungerade Teiltöne erzeugen, also keine Oktaven. Selbst in Lehrbüchern steht das machmal falsch. Für Obertonsänger hat es natürlich besondere Bedeutung, weil ihre Musik mit den Teiltonnummern notiert wird.

Naturtonreihe vs. Obertonreihe

Die Naturtonreihe hat den gleichen tonalen Aufbau wie die Obertonreihe, aber sie ist nicht dasselbe. Während die Teiltöne der Obertonreihe reine Sinustöne sind, bestehen die Töne der Naturtonreihe jeweils aus Teiltönen und haben eine eigene Obertonreihe.

NaturtonreiheObertonreihe
Tonfolge, die auf Blasinstrumenten (Rohren) durch Überblasen oder Lippenfrequenzänderung erzeugbar ist.Teiltöne eines akustischen Klangs.
Naturtöne sind reale Töne und haben jeweils eigene Obertöne.Teiltöne (Obertöne) sind Sinustöne und haben selber keine Obertöne.

Beispiele: Obertonreihen auf F und E

Mit der Software Overtone Analyzer kannst Du Obertonreihen jedes beliebigen Tons sofort anzeigen, incl. Tonname, Frequenz und Cent-Abweichung vom temperierten System, und Du kannst sie Dir auch gleich anhören. Lade Dir hier kostenlos die Testversion herunter.

Du kannst Dir die Obertonreihe (1-24) unten als MuseScore-Datei (→MuseScore kostenloses Notenschreibprogramm) und MusicXML-Datei herunterladen und sie nach Bedarf transponieren und anhören. Die Centabweichungen bleiben für jede Position der Harmonischen in der Reihe unabhängig vom Grundton immer gleich. Die Noten sind schon entsprechend gestimmt.

Obertonreihe auf E

Obertonreihe auf E 1-24

Obertonreihe auf F

Obertonreihe auf F
Obertonreihe auf F

Tabelle der Obertöne

Manchmal sind Zahlen nützlich.

Teilton-Nr.Oberton-Nr.Intervall zum GrundtonCent zum GrundtonIntervall zum Teilton darunterCent zum Teilton darunter
18174 Oktaven + gr. Sekunde + 4ct5004kl. Sekunde -1ct99
17164 Oktaven + kl. Sekunde +5ct4905kl. Sekunde +5ct105
16154 Oktaven4800kl. Sekunde +12ct112
15143 Oktaven + gr. Septime -12ct4688kl. Sekunde +19ct119
14133 Oktaven + kl. Septime -31ct4569kl. Sekunde +28ct128
13123 Oktaven + kl. Sexte +41ct4441kl. Sekunde +39ct139
12113 Oktaven + Quinte +2ct43023/4-Ton151
11103 Oktaven + überm. Quarte -49ct4151Gr. Sekunde +35ct165
1093 Oktaven + gr. Terz -14ct3986Gr. Sekunde (Kl. Ganzton) +18ct182
983 Oktaven + gr. Sekunde +4ct3804Gr. Sekunde (Gr. Ganzton) +4ct204
873 Oktaven3600Gr. Sekunde +31ct231
762 Oktaven + kl. Septime -31ct33695/4-Ton267
652 Oktaven + Quinte +2ct3102Kl. Terz +16ct316
542 Oktaven + gr. Terz -14ct2786Gr. Terz -14ct386
432 Oktaven2400Quarte -2ct498
32Oktave + Quinte +2ct1902Quinte +2ct702
21Oktave1200Oktave1200
1GrundtonPrime0Prime0
  1. Spalte: Nummerierung der Teiltöne incl. Grundton. Diese Nummerierung ist nützlicher.
  2. Spalte: Nummerierung der Obertöne, der Grundton wird nicht mitgezählt.
  3. Spalte: Intervall zum Grundton mit Cent-Abweichung zum nächstliegenden gleichstufig temperierten Ton..
  4. Spalte: Intervall zum Grundton in Cent (100-stel Halbton).
  5. Spalte: Intervall zwischen den Teiltönen (immer zum darunter liegenden) mit Cent-Abweichung zum gleichstufig temperierten Intervall.
  6. Spalte: Intervall zwischen den Teiltönen in Cent (100-stel Halbton).

Was sind Obertöne?

Obertöne sind Sinustöne, die oberhalb der Grundfrequenz eines natürlichen Tons mitschwingen und als Akkord den Tonklang erzeugen.

Teilschwingungen einer Saite.

Bei jeder Schwingung entstehen oberhalb der Grundfrequenz schnellere Schwingungen, die sich überlagern. Das ist ein universelles Verhalten der Natur, ob es sich um Schall- oder eine andere Schwingungen handelt.

Saiten schwingen harmonisch. Das heisst, die Saite schwingt zusätzlich zur Grundschwingung auch noch in ganzzahligen Teilabschnitten, also über die halbe Länge, 1/3, 1/4, 1/5 usw. der Saitenlänge. Diese Schwingungen treten alle gleichzeitig auf und überlagern sich zur Gesamtschwingung. Isoliert sehen die Teilschwingungen aus wie im folgenden Bild.

Videos: Entstehen einer Welle

Slow motion: rubber string pulled and released

Ausbreitung einer Welle in einer Saite.

* Stehende Welle durch Wellenreflexion

Stehende Wellen.

Motion of Plucked String

Entstehen der Welle in einer Saite durch Wanderung von Impulsen.

Glossar

Obertöne, Teiltöne, Harmonische…

Spektren von Ton, Klang, Geräusch
Spektrogramme von Ton, Klang, Geräusch

Abbildungen: Spektren (oben) und Spektrogramme von links: 1. Sinuston, 2. Klang (synthetisch: Sägezahnton), 3. Klang (Stimme), 4. unharmonischer Klang (Klangschale), 5. Geräusch (weisses Rauschen). (Overtone Analyzer screenshot)

Sinustöne (Abb. 1. von links) haben keine Obertöne, sind also Schwingungen mit nur einer Frequenz. Die wahrgenommene Tonhöhe entspricht nicht immer der eines natürlichen Tons, der auf derselben Grundfrequenz gespielt wird. Hohe Sinustöne kommen uns oft zu tief vor. Sinustöne sind ein mathematisches Konstrukt. Reale komplett obertonfreie Töne gibt es nicht, es ist immer ein Klang- oder Geräuschanteil dabei.

Klang (Abb. 2. und 3. von links) ist in der Akustik ein Ton mit Obertönen. In der Musik wird der Begriff meist anders verwendet und kann z. B. die Klangfarbe meinen. Jeder reale natürliche Ton ist ein Klang. Sinustöne gibt es in der Natur nur näherungsweise.

Geräusche (Abb. 5. von links) sind Schallereignisse, die so dichte Obertöne oder ständig in der Frequenz wechselnde Obertöne haben, dass wir keine Tonhöhe mehr wahrnehmen. Es gibt aber fließende Übergänge zu Klängen. Je nach Ausprägung spricht man dann von Geräuschen mit Toncharakter bis zu Klängen mit Geräuschanteil.

Teiltöne (synonym: Partialtöne) sind alle (Sinus-)Töne, aus denen ein Klang besteht, inklusive des Grundtons. Sie werden vom Grundton (dem mit der tiefsten Frequenz) an gezählt. Es kann harmonische und unharmonische Teiltöne geben, auch beides gemischt. Harmonische Teiltöne schwingen mit ganzzahligen Vielfachen der Grundfrequenz, unharmonische Teiltöne mit nichtganzzahligen.

Harmonische. Kurzform für „harmonische Teiltöne“. Teiltöne mit ganzahligen Vielfachen der Grundfrequenz werden auch als Harmonische bezeichnet. Bei Harmonischen entsprechen die Intervalle immer der natürlichen Obertonreihe. Harmonische sind also immer auch Teiltöne. Die meisten Melodieinstrumente und auch die menschliche Stimme haben harmonische Obertöne.

Obertöne sind alle Teiltöne oberhalb des Grundtons. Die Nummerierung beginnt oberhalb des Grundtons, also beim 2. Teilton. Daher ist die Nummerierung der Obertöne immer um 1 niedriger als die der Teiltöne. Es kann harmonische und unharmonische Obertöne geben, auch beides gemischt.

Unharmonische Teiltöne/Obertöne (Abb. 4. von links): Trommeln, Glocken, Gongs, Klangschalen oder Xylophone sind Beispiele von Instrumenten mit unharmonischen Teiltönen/Obertönen. Das heisst, die Frequenzen der Obertöne sind keine ganzzahligen Vielfache der tiefsten Frequenz. Es gibt auch Klänge, die sowohl harmonische als auch unharmonische Obertöne enthalten. Von Grundton kann man bei unharmonischen Klängen oft nicht sprechen, weil die gehörte Tonhöhe manchmal nicht die des tiefsten Teiltons ist, wie z. B. der Schlagton einer Glocke.

Literatur & Quellen

Einzelnachweise

O A. Scala Home Page. http://www.huygens-fokker.org/scala/ (zugegriffen: 18. November 2015).

Literatur Bereich Physik der Obertonreihe

Bildnachweise

27 Kommentare
  1. Jürgen Westensee sagte:

    Sehr geehrte Lehrende,
    so nachvollziehbar die vorgelegten Erklärungen sind, scheinen aber für Tonreihen noch weitere physikalische Eigenheiten aus Frequenz und auch in Energiedichte wichtig zu sein. Entscheidend ist, und das sogar fühlbar, was beim Singen harmonisch korrigiert wird, ob Töne von unten nach oben zu erzeugen sind oder umgekehrt verlaufen. Steigt die Tonreihe zu höheren Frequenzen an, nimmt ihre Energiedichte für Resonanzbildung ab. Im umgekehrten Fall wächst die physikalische Masse an Energiedichte bei Abnahme der Frequenz gemäß Masseträgheitsgesetz. Die Differenz läßt sich als Dämpfungsfaktor der Schwingungen nutzen, den früher Komponisten sowohl bei bei der Wahl der Stimmen wie der Instrumente und der Besetzung beachten, um Botschaften an das suszeptible Gefühlsempfinden der Zuhörer auszurichten durch z. B. mit Holz- bzw. Blechinstrumenten oder Stimmbesetzung. Dieses Mischungsverhältnis wird bei alter Musik oft gut beachtet. Neue Kompositionen fallen aber dadurch auf, daß es an dieser Mischung mangelt. Sie wirken folglich zu häufig nur wie Geräusche und lassen sich daher kaum harmonisch als musikalische Botschaft empfinden. Dieser Schwingungsunterschied ist aber zu wichtig. Es wäre doch hilfreich, würde in Musikausbildung dieser (kleine) Unterschied beachtet.

    Antworten
  2. physiker sagte:

    Als Physiker kannte ich dies alles bereits,
    finde es aber echt gut erklärt! Kompliment!

    Jetzt fehlt nur noch eine genauso gute Herleitung für
    „Dur“ + „Moll“.
    WAS das ist und WIESO es so festgelegt ist…

    Antworten
    • Wolfgang sagte:

      Dur + Moll kann man tatsächlich einfach von der Obertonreihe ableiten. Ich bereite dazu gerade Videos vor. Auch alle anderen Tonsysteme und auch deren Stimmungssysteme kann man auf die Obertonreihe zurückführen.

      Letztlich ist sie überhaupt der Grund, dass Menschen Tonsysteme erfunden haben. Spannendes Thema, das in Textform meist schwer zu vermitteln ist.

    • Johannes Stähle sagte:

      Das Dur-Moll-System basiert lediglich auf Quinten und Terzen. Auf alle weiteren Obertöne wird verzichtet, bzw. Sie ergeben sich indirekt.
      Nimm einen beliebigen Ton als Grundton und schichte auf diesen Quinte und Terz (3. und 5. Oberton, bzw. 1. und 2., wenn Prim und Oktaven vernachlässigt werden).
      Dies ist die Tonika der Tonart. Von dieser gehen wir eine Quinte nach oben (Grundton der Dominante) und nehmen den Ton, dessen Quinte der Grundton der Tonika ist (Subdominante). Wir fügen zu Dominate und Subdominante wieder Terz und Quinte hinzu. Fertig ist die Dur-Tonleiter, aus der sich auch die Moll-Tonleiter ableitet.

  3. Beate Eckert sagte:

    Hallo Wolfgang,
    nochmal bzgl. des Sinustons:
    Hatte letztens Sabine und Astrid ( vom Workshop EBE)
    den Overtone Analyzer gezeigt.Wir plagten uns zunächst auf
    U einen auberen Sinuston zu erreichen, bis wir plötzlich merkten, dass
    das auf einem dumpfen I viel einfacher geht.
    Gibt’s das?
    Liebe Grüße,
    Beate

    Antworten
    • Wolfgang sagte:

      Hi Beate,

      schick mir doch mal das Spektrum. Wenn Du den Overtone Analyzer Free benutzt, kannst Du einen Screenshot schicken. Das seh ich mir gern mal an.

  4. Boban sagte:

    Super Infos, hilft mir wunderbar mit meiner Hausarbeit über Klangfarben. Ich hätte allerdings eine Frage, gibt es eine direkte Literatur bezüglich der Charakteristik von Klangfarben? Also eine Art Handbuch, welches mir zum Beispiel sagt, welcher Frequenzbereich welche Auswirkung auf den Klang hat. Ich lese auf verschiedenen Seiten immer wieder Dinge wie „Je weniger Obertöne erklingen, desto dumpfer, flacher und weicher ist die Klangfarbe“, allerdings finde ich nie Literaturangaben zu solchen Zitaten.
    Beste Grüße und vielen Dank im Voraus.

    Antworten
    • Wolfgang sagte:

      Hi Boban,

      danke für Deinen Kommentar! Das Thema Klangfarbe kann man aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten: Physik, Psychoakustik, Ästhetik… Es gibt in den oben angegebenen Literaturstellen einiges. Wenn Du im Browser auf dieser Seite Stichworte eingibst, kannst Du die Literatursammlung nochmal filtern.

      Vielleicht findest Du in diesen Zitaten, was Du suchst:

      – Mertens, Paul-Heinrich. Die Schumannschen Klangfarbengesetze und ihre Bedeutung für die Übertragung von Sprache und Musik. Frankfurt am Main: Erwin Bochinsky, 1975.
      – Sandner, Michael. „Physik und die Schumannchen Klangfarbengesetze“. gehalten auf der VL Musikübertragung SS 2004, 2004.
      – Roth, Michel. „Arnold Schoenbergs Klangfarbenmelodie.pdf“. Luzern, 2006. https://www.academia.edu/40902189/Arnold_Sch%C3%B6nbergs_Begriff_der_Klangfarbenmelodie_.
      – Schönberg, Arnold. „Klangfarbenmelodie“. In Harmonielehre, 503f. Wien, 1997.

    • Boban sagte:

      Hallo Wolfgang,
      herzlichen Dank, durch deine Liste bin ich auf etwas sehr hilfreiches gestoßen: „Akustik und musikalische Aufführungspraxis“ von Jürgen Meyer, hier finden sich alle Attribute abhängig vom Frequenzbereich wieder. Es wird auch eine Auswahl an Instrumenten direkt charakterisiert, sehr hilfreich für das allgemeine Verständnis.
      Beste grüße
      Boban

  5. Beate Eckert sagte:

    Hallo Wolfgang,
    Zu deinem Beitrag am 9.1.17
    Meinst Du wirklich ein dunkelgefärbtes O für den Sinuston?
    Wenn ich auf dem tiefen d ein hauchiges U singe ist beim Overtone Analyzer fast nix
    anderes zu sehen (hören).Sobald ich nur Richtung O ‚denke‘ kommt der 2.Teilton,also die Oktave hinzu.Um die Quinte (3.TT) in Vokaltechnik zu hören mach ich dann schon eher ein OA…
    Aber vllt. liegt’s an der Sopranlage ?
    Es macht auf jeden Fall Spass mit dem OTAnalyzer zu testen :)

    Antworten
    • Wolfgang sagte:

      Hallo Beate, Du hast Recht, der obertonfreie Vokal ist ein dunkles U mit weit abgesenktem Kehlkopf, kein O. Ein Tippfehler. Danke für den Hinweis! Ich habe meine Kommentar unten korrigiert.
      Es freut mich, dass es so aufmerksame Leserinnen gibt. Danke :)

  6. Lutz Felbick sagte:

    Oft benutze ich statt des Begriffs Obertonreihe den Begriff Teiltonreihe, denn die Vorstellung von oben und unten basiert auf der Notenschrift und entspricht nicht der physikalischen Vorstellungswelt. Man kann auf diese Weise auch vom 4. Teilton sprechen und kommt damit sofort zur richtigen Zahl 4. Aber das soll keine Kritik sein, sondern lediglich das Aufzeigen einer anderen Möglichkeit. Bei dem Begriff Teiltonreihe hat sich auch die Frage erledigt, ob es eine Untertonreihe gibt. Zweifellos gibt es deratige tiefe Töne unter dem Bezugston, aber das würde ich nicht in unmittelbarer Beziehung zu den Teiltönen sehen.

    Antworten
    • Wolfgang sagte:

      In gewisser Weise hast du Recht, Gesang ohne Obertöne gibt es nicht. Er klänge wie Sinustöne.

      Aber ich definiere Obertongesang so, dass der Sänger den Obertönen eine eigene musikalische Rolle gibt. Allerdings ist die Definition nicht ganz trivial, weil nicht jeder die Obertöne gleich hört. Es kommt daher auch auf die Absicht des Sängers bzw. das Training des Hörers an.

    • Wolfgang sagte:

      Übrigens: Gesang ganz ohne Obertöne wären reine Sinustöne, die (abgesehen von natürlichen Schwankungen der Tonhöhe und Lautstärke, Jitter/Shimmer) nicht von elektronischen Klängen zu unterscheiden wären. Man kann den Stimmklang tatsächlich mit einem dunkelgefärbten „U“ und stark abgesenktem Kehlkopf so filtern, dass fast keine Obertöne zu hören sind. Das klingt tatsächlich nach Sinunston. Ich verwende solche Töne z. B. um Resonanzen in Gläsern zu erzeugen :)

Trackbacks & Pingbacks

  1. handpan.at sagt:

    […] Mehr Infos über die Obertonreihe hier […]

  2. Obertönen | Medizinisches Coaching sagt:

    […] Oberton & Kehlkopfgesang […]

  3. […] oder als mikrotonal überbordende Neue Musik, die ihr Klangspektrum aus der natürlichen Obertonreihe ableitet. Am besten aber als beides – oder einfach den waghalsigen Versuch, glückliche Musik […]

  4. […] wird als HS 1 (= 1. harmonische Schwingung) bezeichnet, der erste Oberton als HS 2 – perfekt zusammengefasst von Obertonexperte Wolfgang Saus. Die Nummerierung der Obertonreihe reicht aus, um Obertöne sicher identifizieren zu […]

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